F1 2017 Review

Publisher: Codemasters
Release Date: 25.08.2017
Plattformen: PS4, XBox One, PC

Es ist wie jedes Jahr. Die Saison ist mehr oder weniger schon fast vorbei und bereits zwei Drittel der Rennen gehören der Vergangenheit an, da stellt uns Codemasters die aktuelle Umsetzung zur Formel 1 in die Verkaufsregale. Die englischen Rennspielspezialisten gehen hier den bekannt, ungewohnten Weg und werden heuer sogar von den Ereignissen unterstützt. Selten war der Kampf um die Rennfahrerkrone ausgeglichener, vor allem aber auch spannender. Eine Entscheidung über den Meistertitel, wie in manchen Jahren zuvor, ist weder gefallen, noch wirklich vorhersehbar. Logisch, dass sich das Codemasters zu Nutzen machen will und uns mit der Versprechung, ein ähnlich mitreißendes Gefühl mit F1 2017 von der Konsole ins Wohnzimmer zu zaubern, die Euros aus der Tasche ziehen will. Doch gelingt das auch? Wo sind die Unterschiede zum Vorgänger? Und vor allem: Ist der aktuelle Ableger wirklich so viel besser? 

Eine steile Karriere

Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Die großen Innovationen braucht ihr bezüglich des Umfanges bei F1 2017 ganz sicher nicht zu erwarten. Vieles ist, meist sogar in weitestgehend unveränderter Form, bereits aus dem Vorgänger bekannt. Als Beispiel sei hier der Mehrspielermodus genannt, welcher sich weiterhin komplett auf das Onlinespiel über Xbox Live beschränkt und uns immer noch eine Split-Screen-Variante vermissen lässt. Dafür könnt ihr nach bekannten Schema Rennen gegen bis zu 19 Gegner fahren oder euch in der etwas tiefgängigeren Meisterschaft im World Wide Web beweisen.

Keine Überraschungen auch bei den sogenannten Standardspielmodi, gerade für die Solisten unter euch. Schnelle Einzelrennen, fordernde Zeitfahren und die Möglichkeit eine komplette Saison mit einem unserer F1-Heronen zu bestreiten sind, wie gehabt, vorhanden und eben auch unverändert. Neu hingegen ist, dass ihr eine Mini-Meisterschaft mit besonderen Regeln absolvieren könnt und dass ihr die Möglichkeit habt, Rennen auf alternativen Strecken oder besser auf deutlich kürzeren Verläufen originaler Rennstrecken durchzuführen. Silverstone ist etwa in einer solch verkürzten Form enthalten oder auch Bahrain und Japan, insgesamt sind es vier Strecken.

Wem das noch nicht genügt, der kann mit den neuen F1-Ikonen in die glorreiche Vergangenheit des Rennsportes eintauchen. Ganze 12 Boliden von fünf historischen Teams aus den letzten 30 Jahren Formel 1 sind auf der Disc zu finden, darunter die bekannten Namen, wie Ferrari oder Williams.

Highlight ist und bleibt aber, der letztes Jahr neu eingeführte Karrieremodus. Wie gehabt, könnt ihr euch hier in einer meist sehr gut inszenierten Rennfahrerkarriere verlieren. Man erstellt seinen eigenen Fahrer, verbessert nach und nach seine fahrerischen Fähigkeiten und lässt sich in die bekannt intensiven Vertragsverhandlungen ein. Die Präsentation ist hierbei meist passend und teilweise auch gut gelungen, lässt aber in manchen Bereichen immer noch diesen besonderen Formel 1-Flair vermissen. Die Umsetzung der Rennwochenenden, das integrierte Konkurrenzsystem mit Teamkollegen oder Gegnern und die Trainings- bzw. Herausforderungsfahrten – all das ist natürlich gut integriert, war es aber eben auch schon vor einem Jahr beim Vorgänger. Doch trotzdem fühlt sich die Karriere in F1 2017 insgesamt anders an. Und dies liegt vor allem an den stark erweiterten Entwicklungsmöglichkeiten der Fahrzeuge. Über 100 Komponenten aus den Bereichen Antrieb, Aerodynamik, Chassis und Zuverlässigkeit können von euch über die Zeit verbessert werden. Dadurch entwickelt man seinen Boliden, wie bei einem Rollenspiel, je nach Wunsch in eine ganz bestimmte Richtung. Wichtig bleibt es aber, eine gewisse Ausgewogenheit hinzubekommen, um überhaupt eine Chance gegen die starke KI-Konkurrenz zu haben. Das Team steht euch hierbei immer beratend zur Seite, was sich vor allem durch die meist sinnvollen Verbesserungsvorschläge zeigt. Eine gewisse Realitätsnähe bringt auch die Qualitätskontrolle, welche euch mehr als einmal einen Strich durch die „Weiterentwicklungsrechnung“ macht. Nicht gerade selten, fallen gewünschte Komponentenerweiterungen einfach durch die QS, was nicht nur ein Nicht-benützen-können des entsprechenden Teils zur Folge hat, sondern auch mehr Zeit kostet. Und Zeit ist kostbar. Das richtige Leben lässt hier ganz laut grüßen.

Schön auch, dass der Verschleiß mittlerweile eine entscheidende Rolle spielt und viele Komponenten direkt von der Benutzungsintensität abhängig sind. Fährt man seinen Boliden zu hart, nimmt jede Streckenbegrenzung mit, kann dies die Lenkung beeinflussen. Und treibt man sein Aggregat immer in den Maximalbereich, kann es zu Leistungsabfällen oder gar kompletten Ausfällen wegen eines Motorschadens kommen. Hört sich gut an? Ist es über weite Strecken auch. Leider gibt es aber immer noch, viel zu häufig die Problematik der gescripten Szenen. Soll heißen wenn sich die CPU einbildet ihr müsst jetzt ein Problem mit einem Teil bekommen, dann bekommt ihr das auch, egal ob ihr nun besonders schonend darauf achtet oder nicht. Aber auch das kann nichts daran ändern, dass wir von der Karriere im zweiten Jahr wieder vollends überzeugt sind und es uns immer wieder enorm schwer fällt uns von diesem Modi zu lösen. Schnell noch dieses eine Rennen fahren, schnell noch diese Komponente testen und schnell noch einen neuen Vertrag aushandeln – die Versuchungen sind einfach sehr groß. Trotzdem, für nächstes Jahr wünschen wir uns dann doch noch die Integration der Nachwuchsklassen (F2, F3 usw.), denn genau das Fehlt irgendwie noch.

Bestes Formel 1 Spiel bislang

Technisch ist vieles beim Alten – positiv, wie negativ. Das Geschwindigkeitsgefühl passt, die Boliden sind absolut fein gezeichnet und vor allem die Wetter- / Lichteffekte begeistern. Enttäuscht ist man hingegen von den immer noch vorhandenen leichten Rucklern, vom gerade in den Zwischensequenzen immer präsenten Tearing und vor allem vom Texturenmatsch abseits der Rennstrecken, welcher die Hintergründe schlicht nicht mehr zeitgemäß wirken lässt. Grundsätzlich hält sich die Kritik an der Optik aber trotzdem in Grenzen. Die vielen Details auf den Strecken und die nochmals deutlich aufgebohrte Präsentation, die mit noch mehr Zwischensequenzen dienen kann, begeistern uns selbst nach Stunden immer noch. Und ganz wichtig: Das geniale Fahrgefühl der Boliden durch das Gameplay wird durch die Grafik absolut passend unterstützt. Man fühlt sich schnell als richtiger Rennfahrer auf einer richtigen Rennstrecke – und ist es nicht gerade das, was wir von dieser Simulation erwarten?

Deutlich mehr bieten könnte der Titel hingegen beim Sound. Zum einen fragt man sich, weshalb neben Heiko Wasser nicht ein Christian Danner seine Kommentare abgibt, sondern weiterhin ein eher unbekannter Stefan Römer. Zum anderen merkt man ziemlich schnell, dass sich an den Sprüchen der beiden seit letztem Jahr nichts geändert hat, viele Rennanalysen tatsächlich sogar 1 zu 1 aus dem Vorgänger übernommen worden sind. Nicht gut, Codemasters. Zumindest bezüglich des Motorensound können wir Entwarnung geben. Und keine Kritik bedeutet in diesem Fall, die Aggregate der Boliden klingen nach wie vor richtig statt und eben genau so, wie wir es von den diversen Liveübertragungen her gewohnt sind.

Neues Reglement, neues Fahrgefühl, aber bekannte Steuerung 

Die Formel 1 muss spannend bleiben, weshalb sich der internationale Autoverband FIA jedes Jahr aufs Neue dazu gezwungen sieht, ein neues Reglement, oder besser neue Vorschriften für das Fahrzeug-Setting den Teams vorzulegen. 2017 sind das deutlich in die Breite gewachsene Fahrzeuge und ein tiefer sitzender Heckflügel. Insgesamt sehen die Boliden dadurch aggressiver aus, sollen letztendlich aber vor allem schneller sein. Ebenfalls breiter sind die Reifen geworden, was die Pneus nicht nur schwerer macht, und somit das gesamte Fahrzeug, sondern durch den besseren Grip die Kurvengeschwindigkeit um einiges erhöht. Insgesamt sprechen die Fahrer von einem komplett neuen Fahrgefühl. Und genau das wird auch den Spieler von F1 2017 vermittelt. Obwohl sich an der grundsätzlichen Steuerung und dem gesamten Handling der Fahrzeuge nicht wirklich viel getan hat, einem immer noch dieser leichte Zugang, aber eben auch die nötige Forderung geboten wird, hat es Codemasters durch die perfekte Umsetzung des neuen Reglements geschafft, euch bei der Beherrschung der Fahrzeuge komplett neue Aspekte zu liefern, vor allem aber ein komplett anderes „Fahren“ im Vergleich zum Vorgänger zu bieten. Nicht besser, aber eben anders.

Schön auch, dass weiterhin an die Einsteiger gedacht wird und ihr als Formel 1 Neulinge nicht überfordert werdet. Soll heißen, die bekannten, weiterhin sehr umfangreichen Fahrhilfen sind auch im aktuellen Ableger wieder vorhanden. Wer also auf die Ideallinie nicht verzichten kann, wer einen Bremsassistenten braucht, wer lieber schalten lässt, als selbst einen Gang einzulegen oder wer auf die Hilfe der Traktionskontrolle einfach angewiesen ist, der kann diese Optionen weiterhin zuschalten. Und sollte selbst das alles nicht verhindern können, dass man einen Abflug in die Botanik oder gar eine nähere Bekanntschaft mit einem Gegner macht, dann gibt es natürlich auch wieder die Rückspulfunktion. Aber natürlich sind diese Hilfen optional, man muss sie also nicht nutzen und kann sie sogar komplett abschalten. Dann bekommt man wohl so etwas wie reales Rennfahrer-Feeling geboten, zumindest kann man sich darauf einstellen, dass ab dann jedes zu frühe Gas-geben, jedes zu späte Bremsen und jedes falsche Lenken richtig spürbare, meist extrem negative Auswirkungen hat. Aber wir wollen ja auch gefordert werden.

Leider kann das Schadensmodell deutlich weniger Begeisterung auslösen. Immer noch wird hier etwas von den Entwicklern angeboten, dass meilenweit von der Realität entfernt ist. Richtig schlecht ist sogar, dass wir die meisten Schäden nicht einmal nachvollziehen können und ähnliche Unfälle teilweise komplett unterschiedliche Auswirkungen haben. So hat man die skurrile Situation, dass manch leichte Berührung bereits zum Rennausfall führt, während andere als deutlich stärker empfundene Karambolagen gerade mal einen leicht angeknacksten Spoiler nach sich ziehen. Erfreulich ist hingegen, dass sich die Fahrzeuge insgesamt über ein Rennen abnützen, also nicht mehr nur die Reifen an Leistung verlieren, sondern eben auch andere Komponenten eines Boliden unter der Belastung leiden. Technische Ausfälle etwa durch Motorschäden scheinen sich dadurch gefühlt erhöht zu haben.

In diesem Zusammenhang kommen wir dann auch gleich zur KI, da sich auch hier neben viel Guten auch manche Unzulänglichkeit eingeschlichen hat. Zwar macht die Computergesteuerte Konkurrenz grundsätzlich einen guten Job und die meisten Positionskämpfe sind richtig spannend umgesetzt, aber insgesamt hat die KI auch noch viel zu häufig ihre kaum nachzuvollziehenden Aussetzer. Und weil wir gerade kritisieren: Weshalb unfaires Verhalten bei CPU-Fahrern häufig toleriert wird, während wir schon bei den kleinsten Vergehen mit entsprechenden Sanktionen hart bestraft werden, können wohl selbst die Entwickler nicht wirklich zufriedenstellend erklären. Uns macht es auf jeden Fall sauer. Über das grundsätzlich extrem inkonsequente Strafsystem, welches nur selten wirklich erklärbar ist, kann man aber sowieso nur den Kopf schütteln – aber das kennen wir ja schon aus dem Vorgänger.

Dafür ist das dynamische Wetter wieder ein absolutes Highlight – wie praktisch in jedem F1 Titel der vergangenen Jahre. Dieser direkte Einfluss auf das Fahrverhalten der Boliden durch eine trockene, feuchte oder eben komplett nasse Asphaltschicht ist einfach nahezu perfekt simuliert. Falsche Strategieentscheidungen und falsches „Fahren“ bei plötzlichen Wetterveränderungen sind ganz entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg. Bleibt man auf Slicks mit entsprechend vorsichtiger Fahrweise, weil die ersten Sonnenstrahlen die Strecke schnell wieder abtrocknen? Oder wechselt man auf Intermediates, weil es doch noch leicht nieselt? Oder ist es besser gleich auf Regenreifen zu wechseln, weil es wohl doch noch mehr regnen wird und man sich so einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen kann? Taktikspielereien, die viele Rennen bei F1 2017 enorm spannend machen können.

Der Boxenstrategien kommt somit bei Codemasters Rennsimulation eine große Bedeutung zu, wie in der Realität eben auch. Da gefällt es natürlich, dass es neben dem komplett automatischen Boxenstopp, mittlerweile auch die Möglichkeit gibt, die Boxeneinfahrt mit Abbremsen auf das Speed-Limit, sowie Halten des Geschwindigkeitsbegrenzers und die Boxenausfahrt, natürlich wieder unter Beachtung der Geschwindigkeit, nahezu komplett manuell zu steuern. Sehr gut ist ebenfalls, dass man über den umfangreichen Boxenfunk (Sprach- und Tastenbefehle sind möglich) mit der Crew vorab praktisch alle Renn- bzw. Stopprelevanten Dinge bis ins Detail klären kann.

Fazit

Tatsächlich hat F1 2017 seine großen Stärken, aber eben auch seine ärgerlichen Schwächen. Und manches davon hebt die aktuelle Umsetzung vom Vorgänger deutlich ab, manches lässt einen aber eben auch vergebens nach Unterschieden suchen. Kritik hat etwa die Technik verdient. Jetzt nicht, weil die Optik etwa keine Begeisterung mit der tollen Beleuchtung, den grandiosen Wettereffekten oder dem Fahrzeugdesign auslösen und uns eigentlich von den ersten Minuten an richtig ins Rennfahrerleben eintauchen lassen würde, nein, sondern weil viele bekannte Fehler einfach weiterhin unverändert vorhanden sind. Etwa das immer wieder mal auftretende Ruckeln, wenn die Framerate aufgrund wohl zu viel Bildschirmaction in die Knie geht. Oder das wirklich lästige Tearing, das praktisch bei jeder Zwischensequenzen so richtig nervt. Oder eben der Texturmatsch abseits der Strecken, welcher sich vor allem beim tristen Hintergrunddesign bemerkbar macht.

Kritik hat auch der Sound verdient, weil er über weite Strecken nur eine öde Kopie des Vorjahres ist. Doch eigentlich ist das Alles egal, denn F1 2017 hat eben auch dieses geniale Gameplay und einen Umfang, der wohl kaum jemanden enttäuschen wird. Die neuen FIA-Regeln sind perfekt umgesetzt und bringen auch in der neuesten Ausgabe der Rennsimulation wieder dieses fantastische Fahrgefühl. Codemasters hat aber eben auch nicht vergessen, euch eine Steuerung zu spendieren, die es leicht macht für Anfänger Zugang, für Kenner Forderung zu finden. Gefordert werdet ihr übrigens auch bei der erweiterten Karriere, die euch nun noch mehr Möglichkeiten zur Fahrer- und Fahrzeugentwicklung bietet. Abgerundet wird das Ganze durch einen guten Online-Modus, sowie der Möglichkeit sich auch mal in einen Boliden der Vergangenheit zu setzen und in leicht verkürzten Streckenvarianten neue Bestzeiten zu erfahren. Für uns bekommt F1 2017 eine klare Kaufempfehlung, denn eine bessere Rennsimulation ist aktuell auf dem Markt praktisch kaum verfügbar.

GamersChoice Wertung
  • Story
  • Grafik
  • Sound
  • Gameplay
  • Multiplayer
4.4

Fazit

F1 2017 ist mit Sicherheit das bisher umfangreichste und beste Formel 1 Spiel am Markt! Der Rennfahrer Karriere steht nichts mehr im Wege, absolute Kaufempfehlung!

Über Alexander Wittek 3751 Artikel
2012 habe ich es mir zur Aufgabe gemacht meine vielseitigen Erfahrungen nicht nur für mich zu behalten sondern mit euch - den Gamern - zu teilen! Ich spiele seit ich denken kann! Kein Spiel ist vor mir sicher, am liebsten sind mir RPG und Shooter, wie z.B. Destiny, CoD, BF, Mass Effect, Dark Souls, aber auch FIFA und andere Multiplayer-Games halten mich stets bei Laune!

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